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Schwangerschaft und Geburt im Strafvollzug

23. Februar 2019

Der Frauenstrafvollzug steht innerhalb des Strafvollzugs wegen seiner quantitativen Marginalität eher am Rande der Aufmerksamkeit. Oftmals wird er lediglich als Anhängsel des Männervollzugs gesehen. Obwohl der Anteil der Frauen an der Gesamtbevölkerung etwas über 50% liegt, beträgt der Anteil weiblicher Gefangener ca. 5 %. Unter den 7.055 Inhaftierten in Baden-Württemberg waren zum Stichtag 30. November 2017 353 weiblich. Kriminalität scheint Männersache zu sein. Ohne auf die Ursachen für diesen Befund näher einzugehen, scheinen Frauen eher vor illegalen Handlungen zurückzuschrecken und stärker an gesellschaftliche Normen gebunden zu sein.

Die niedrigen Inhaftiertenzahlen im Frauenvollzug schaffen eine Reihe von Problemen und Benachteiligungen:

  • Obwohl das wegweisende (Bundes-)Strafvollzugsgesetz (StVollzG vom 1. Januar 1977) bereits eine wohnortnahe Unterbringung forderte, ist aufgrund der geringen Zahl weiblicher Häftlinge eine dezentrale, nach Alter und Delikt differenzierte Unterbringung oft nicht möglich. Frauen werden zumeist in zentralen, vom Wohnort weit entfernten Frauenhaftanstalten untergebracht.
  • Oft mangelt es (auch aus Kostengründen) an speziellen, auf weibliche Inhaftierte zugeschnittenen Maßnahmen zur schulischen und beruflichen Ausbildung sowie an angemessenen Wohn-, Therapie- und Arbeitsangeboten „Obwohl Frauen seltener rückfällig werden und bei Gewährung von Vollzugslockerungen ein sehr viel geringeres Risiko für die Allgemeinheit darstellen als Männer, gibt es für sie sehr viel weniger Haftplätze im offenen Vollzug und im Freigang“.
  • Im Frauenvollzug gibt es meistens keine Differenzierung nach Alter, Delikt und Strafzeit (von wenigen Tagen Ersatzfreiheitsstrafe bis zu lebenslanger Freiheitsstrafe). Außerdem befinden sich alle Haftformen unter einem Dach: Untersuchungshaft, Strafhaft, offener und geschlossener Vollzug, offene und geschlossene Mutter-Kind-Einrichtungen.
  • Häufig tun sich das soziale Umfeld, die Familien und die Kinder mit weiblichen Gefangenen schwerer als mit männlichen. Straffällig gewordene Frauen werden in stärkerem Maße ausgegrenzt und häufig vom Ehemann oder Partner verlassen. Nach den gängigen Mustern ist die Frau eher das Opfer und der Mann der Täter.
  • Die Trennung von den Kindern hat Schuld- und Schamgefühle zur Folge. Die Frauen leiden besonders darunter, dass es ihnen verwehrt ist, ihre Mutterrolle zu erfüllen. „Wenn Mütter aus Lockerungen (Hafturlaub, Ausgang) nicht rechtzeitig in die Haftanstalt zurückkommen, dann oft deshalb, weil sie eine erneute Trennung von ihren Kindern nicht ertragen. Hinzu kommt, dass die Frauen häufig in weit vom Heimatort entfernten Anstalten einsitzen; Besuche sind dann mit hohem Zeit- und Kostenaufwand verbunden.“

Resozialisierung bei Frauen umfasst nicht nur die üblichen Entlassungsvorbereitungen (Beschaffung von Fahrkarte, Wohnung und Arbeit), sondern auch die Stärkung von psychischen Fähigkeiten, von Selbstwertgefühl und Eigenverantwortlichkeit. Dabei geht es auch darum, jene Fähigkeiten und Fertigkeiten wiederzuerlangen, die durch die Erfahrung von Hilflosigkeit und Ohnmacht in der Haft verlorengegangen sind. Dazu gehören sowohl die Verantwortungsübernahme für die eigene Person als auch die Sorge um die Kinder und die Organisation des familiären Zusammenlebens.

„Obwohl der Frauenvollzug spezifische Merkmale aufweist, ist er vom Gesetzgeber nicht gesondert geregelt. Wenn Sondervorschriften für inhaftierte Frauen erlassen wurden, dann betreffen sie in der Regel Schwangerschaft und Mutterschaft.“ In einigen, aber nicht in allen Anstalten gibt es Mutter-Kind-Einrichtungen. Wenn eine Mutter-Kind-Einrichtung zur Verfügung steht, wird in enger Zusammenarbeit mit den Jugendämtern und den Jugendhilfeträgern einzelfallbezogen entschieden, ob eine Aufnahme in die Mutter-Kind-Einrichtung angezeigt ist und das Kind bzw. die Kinder bei der Mutter bleiben können oder nicht. Gesamte Arbeit…

Michael Drescher | JVA Karlsruhe

 

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