Was kann man überhaupt noch kaufen? – Gedanken zum Greenwashing
Jeder Konzern will mitschwimmen auf der Grüne Welle: „Jetzt neu! Jetzt sind wir (auf einmal) weniger zerstörerisch und beuten (angeblich) weniger aus.“ Gemeint ist die Masche von Unternehmern, sich grün und nachhaltig zu geben, das sogenannte Greenwashing: Aber im Grunde, hinter der Fassade, bleibt alles beim Alten.
Laut Hartmann sind diese Firmen ethisch betrachtet kriminell, juristisch allerdings nicht. Und das ist das Problem. Sie hat mit Werner Boote den Dokumentarfilm „Die grüne Lüge“ und ein gleichnamiges Buch herausgebracht. Damit reiht sie sich ein in die Nachhaltigkeits-Boom-Kritiker wie Clemens G. Arvay (Der große Bio-Schmäh).
Verbraucher fallen auf die Grüne Lüge hinein, glauben mit ihrem Kauf noch etwas Gutes für die Welt zu tun. Dabei bleibt die Ausbeutung dieselbe.
Besonders die Modeindustrie ist oft mehr Schein denn Sein.
Seit ich 2006 eine Übersicht von fairen Online-Shops, also eine Weißliste für Kleidung und Klamotten ins Netz gestellt hab, hat sich leider nicht viel geändert. Der Trend zur Nachhaltigkeit folgt dem Wunsch, „in“ zu sein oder/und sein Gewissen oberflächlich zu beruhigen. Aber ansonsten: weiter wie bisher!
Nachhaltigkeit ist im Gegensatz zu „bio“ kein geschützter Begriff, der von unabhängigen Institutionen kontrolliert wird. (Es gibt allerdings einen Nachhaltigkeitsrat.) So kommt es zu seltsamen Auswüchsen, wenn sogar Waffenlieferanten und Autofirmen sich als nachhaltig bezeichnen können, weil ja der Rohstoffbezug nachhaltig gestaltet sei (siehe beispielsweise Lockheed Martin)
In einem Interview mit dem SWR1 greift Hartmann ein paar Beispiele auf:
Auf der Fassade stehen Werbebotschaften wie folgende:
„Wir spenden“, „Wir unterstützen behinderte Kinder“, „Unsere Papiertüten sind nachhaltig“
Gleichzeitig machen diese Firmen negative Schlagzeilen wie:
- „Fabrikeinsturz in Bangladesh mit über tausend (!) Toten“ – Textilindustrie Mitarbeiter protestieren, weil auch ein Jahr später es keine Entschädigungszahlungen gibt & die Arbeitsbedingungen weiterhin sehr schlecht sind. (dass das achtstöckige Hochhaus schon Risse aufwies hat man vorher beflissen ignoriert)
- „Geringe Löhne und erzwungene Überstunden“ – Bericht von Oxfam
Die Website nachhaltig-sein.info nennt 10 Vorgehensweisen von Greenwashing:
- Verschleierung
so wirbt die Bahn beispielweise damit, dass man bei ihr mit Ökostrom fahren würde… dies gilt jedoch nur für den Fernverkehr. Die weitaus mehr genutzten Züge werden immernoch mit Strom aus Kohle angetrieben, und vermutlich auch die Bahnhöfe etc. - Fehlender Beweis
keine Nachweise für ihre grüne Behauptung geben - Unklare Begriffe
Schwammige Formulierungen, wie z.B. „umweltfreundlich“, „schadstoff-frei“ oder „natürlich“ - Fehlende Bedeutung
zum Beispiel wenn extra „ohne Zusatzstoffe“ deklariert wird, obwohl das laut Gesetz eh nur so erlaubt ist - Beschönigung
ungesunde Lebensmittel werden nicht gesünder, nur weil Bio drauf steht - Beeinflussende Bilder & Labels
zum Beispiel eine fröhlich grasende Kuh, obwohl die Tiere, die die Milch gegeben haben, niemals das Tageslicht gesehen haben - Falschaussagen
zB „Kernkraft verursacht keine CO2-Emmissionen“. - Fehlende Taten
viel reden und beteuern, aber nicht handeln bzw. nur einmalig für die Öffentlichkeit ein Projekt starten und sich auf den Lorbeeren ausruhen. - Fremde Federn
- Zweigleisige Absichten
sich nach außen hin nachhaltig geben, sich aber gleichzeitig auf politischer Ebene für gegenteilige Ziele einsetzen, zb Einsatz von Gentechnik.
siehe auch: nachhaltig-sein.info
Warum ist Ausbeutung überhaupt erlaubt, warum verhindern das keine Gesetze?
Natürlich ist es in dieser Welt, in der Profitmaximierung das oberste Gebot ist, wichtig und richtig beim Einkaufen darauf zu achten, dass man nicht von Unternehmen kauft, die bekanntermaßen Ausbeutung betreiben. Ein Blick ins Schwarzbuch der Markenfirmen kann da erste Informationen liefern.
Aber es macht auch keinen Sinn, wenn alle Verantwortung auf denjenigen, der am Ende der langen Kette steht, abgewälzt wird: den unwissenden (z.T. ignoranten) Käufer. Zu undurchsichtig sind die Machenschaften großer Firmen, als dass man im Dschungel der Angebote noch wissen kann, was überhaupt noch „ethisch vertretbar“ im Einkaufswagen landen dürfte (von demeter bio einmal abgesehen)… Auch die vielen Tochterfirmen können verschleiern, woher ein Produkt stammt, oder wie es produziert wurde.
Die Verantwortung muss gesetzlich geregelt sein. Es sollte die Regel, nicht die Ausnahme sein, dass durch den Kauf von Produkten, weder Menschenrechte noch die Umwelt mit den Füßen getreten werden.
In einem haben wir als Konsumenten aber eine wirklich nicht zu unterschätzende Macht: Indem wir weniger, dafür hochwertiger kaufen; indem wir nicht immer neue Kleidung benötigen, nicht ständig neue Technik einkaufen und aufhören, achtlos Dinge wegzuschmeißen, anstelle sie zu reparieren.
Wo und wie kann ich mich für Gesetze, die Mensch und Umwelt schützen, einsetzen?
Um soziale und ökologische Gerechtigkeit einzufordern, könnte man den Unternehmen selbst auf den Senkel gehen – oder der Politik, dass die Verantwortung für die Mitarbeiter nicht auf die Produktionsländer abgewälzt wird (sondern durch die Marke selbst sichergestellt werden muss):
FORDERUNGEN
- gerechter Lohn, Garantie auf existenzsichernde
- Mindestlöhne
- Kündigungsschutz
- ausreichende Sicherheitsvorkehrungen in den Betrieben
- Versammlungs- und Gewerkschaftsfreiheit
- internationale Umwelt -und Sozialstandards einhalten
- vor allem aber auch Transparenz durch regelmäßige Kontrollen unabhängiger Institutionen!
Wie/Wo sich engagieren?
- Kampagne Saubere Kleidung – Unternehmen tragen Verantwortung!
- bei NGOs
- bei Genossenschaften
- bei Verbänden wie baum e.V.
Meiner Meinung müsste es auch Kontrollen über die Art und Umfang von Werbeanzeigen geben. Dass da kein Greenwashing betrieben werdend darf?! Ich kriege sensorische Überreizung, wenn ich überall nur mit Werbung zugemüllt werde. Und die das dickste Geld haben, können am aufdringlichsten agieren. Natürlich kann man nicht Werbung per se verbieten, weil ja alles als Werbung ausgelegt werden kann. Aber müssen diese Werbetafeln sein, die alles zu barrikadieren? Müssen diese ständigen Werbepausen sein? (Ich habe keinen Fernseher, aber wenn ich mal bei meinen Eltern bin, vergeht mir auf Grund der Werbung jedes Abendprogramm) Zigarettenwerbungen wurde nun ein wenig Einhalt geboten, durch den Zusatztext der Gesundheitsgefährdung. Kann es nicht, wie bei Überwachung von Politikern, FSK bei Filmen, Verbraucherfragen… auch ein Instrument zur Regelung von Werbung geben? (sehr unausgereifte Gedanken, ich gebe zu…)
Buchtipp:
von Borries: Das richtige Leben im falschen. Man kann den Kapitalismus nicht mit seinen eigenen Mitteln schlagen. Es gibt kein richtiges Einkaufen im falschen Weltwirtschaftssystem
Die grüne Lüge: Weltrettung als profitables Geschäftsmodell (Kathrin Hartmann)
Linktipp:
1 Response
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Lösungen?
zum Beispiel die gerade online laufende Meditationreihe von Deepak Chopra. Da komme ich gerade wirklich auf den Nenner, dass mein ‚Hunger‘ nicht mehr durch Dinge im Außen gestillt werden können. Das wußte mein Verstand zwar schon vorher, aber nun fängt es an dass ich es fühlen kann.
Weniger ist mehr. Danke für den Artikel